Heidrun Grote Leidenschaft fürs Theater
Das Theater hat mich schon früh in seinen Bann gezogen. Dabei hatte ich anfangs gar nicht die Idee selber auf der Bühne zu stehen. An der Seite meiner Eltern und später mit der Schule besuchte ich regelmäßig das Sauerlandtheater und da war es eines Tages um mich geschehen. Es gastierte ein Tourtheater, dessen Ensemble aus bekannten Fernsehschauspielern bestand und das sich ganz den Klassikern verschrieben hat. Ich weiß noch sehr genau dass Thérèse Raquin von Émile Zola gespielt wurde und Götz George die Hauptrolle spielte. Am eindrücklichsten erinnere ich mich an die unmittelbare, aufregend aufgeladene Atmosphäre, die von der Bühne in mein Herz gewandert ist. Und da ist sie immer noch. Sie begleitet mich von Proberaum zu Proberaum, von Bühne zu Bühne und nun zu der eigenen Theaterschule.
Nach dem Abitur studierte ich erst einmal Sport an der Sporthochschule Köln. Dort begegnete mir das Fach „Bewegungstheater“ und fortan waren Leichtathletik und alle anderen Sportarten nur noch zweitrangig, denn sie war plötzlich wieder da, die besondere Stimmung, die mein Herz berührt. Ich wurde Schauspielerin. Zunächst in einem kleinen Theater; mehr zum Ausprobieren und um zu Lernen. Die Grundlagen für das Spiel erhielt ich im Ausbildungsprogramm der Studiobühne Köln, danach folgten Schauspielausbildungen bei Walter Lott (New York, Strasberg - Methode), David Zinder (Tel Aviv, Chechov), M.K. Lewis (L.A. Arbeiten vor der Kamera) sowie Fortbildungen in Clownerie bei Moshe Cohen und im Figurenspiel am Figurentheaterkolleg Bochum.
1993 wurde ich Ensemblemitglied bei c.t.201 – Freies Theater Köln e.V. Mit dieser Gruppen gewannen wir zweimal den Kölner Theaterpreis („Iphigenie auf Tauris“ und „Die Vier Sinfonien des Johannes Brahms“). Ich spielte zahlreiche Rollen in Produktionen anderer Kölner Theater und hatte Engagements in Hildesheim, Gelsenkirchen, Ulm und Augsburg. Bereits im fünften Jahr spiele ich zurzeit am Kölner Künstler Theater das Solostück „Das Mädchen mit der roten Kappe“.
Neben dem Schauspiel habe ich mich der Literatur verschrieben, u.a. mit der Reihe „Die Wiederkehr der verschwundenen Worte“, die ich im vergangenen Jahr im Literaturhaus Nettersheim vorstellen durfte.
Seit fast 30 Jahren, genauer seit 1992 stehe ich auf der Bühne. Ich unterrichte Schauspiel und Improvisationstheater, gebe Workshops an Schulen und für Firmen. Außerdem begleite ich Gruppen und Einzelpersonen in der Arbeit an ihrer Präsentation, choreographiere Chöre und inszeniere Stücke, aber die Möglichkeit diese Erfahrungen zusammen zu führen und eine Theaterschule zu gründen, hat mir erst Nettersheim eröffnet.
Mehr Informationen zu mir finden sich unter www.heidrun-grote.de.
Interview mit Natascha Koch von NK Public Relations
Im Interview plaudern wir über Kultur in Corona-Zeiten, ein Kursprogramm für Alt & Jung und die Zukunft des Theaters.
Kulturangebote gibt es nicht nur in pulsierenden Großstädten. Auf dem Land – und trotzdem nur rund 50 Minuten von Köln entfernt – hat eine Theaterschule ihre Pforten eröffnet. Geleitet wird sie von Heidrun Grote.
Liebe Heidrun, seit wann leitest du die Theaterschule in Nettersheim und was hat dich zu dieser Entscheidung bewegt?
Ursprünglich war geplant, Ende März 2020 eine große Eröffnungsfeier zu veranstalten. Doch aus bekannten Gründen konnte sie nicht stattfinden. Als es etwas später die Möglichkeit gab, mit kleineren Gruppen zu starten, habe ich sofort losgelegt. Das war im Juni 2020. Im Laufe der Wochen sind die Kurse voller geworden und die Schule war auf einem guten Weg. Dann kam der zweite Lockdown und somit der erneute Stillstand.
Die Idee, eine Schauspielschule zu gründen ist erst mit dem Umzug vor dreieinhalb Jahren nach Nettersheim entstanden. Über zwanzig Jahre lang stand ich als Schauspielerin auf der Bühne. Mit zunehmender Erfahrung habe ich nach und nach die Seite gewechselt – von der Bühne vor die Bühne. Ich habe Regie geführt und das Fach Schauspiel unterrichtet. Um dieses jahrelang angesammelte Theaterwissen weiterzugeben, habe ich die Theaterschule gegründet. Die Gemeinde Nettersheim hat meine Idee unterstützt und mir Räume im Dorfkern angeboten.
Die Corona-Pandemie hat die Gründung neuer Unternehmen – besonders aus der Kulturbranche – natürlich stark erschwert. Wie gehst du mit dieser Situation um? Gibt es beispielsweise Online-Angebote?
Ich empfinde diese Zeit als Lähmung, also als das Gegenteil von Kreativität. Ganz abgesehen davon, dass in der Zeit des „Berufsverbots“ nur der Einzelunterricht möglich ist. Diese Stunden schätze ich sehr, aber ich vermisse die Gruppen. Online treffen wir uns mit den Frauen des Improvisationstheaters. Da wir uns bereits im Sommer zusammengefunden haben, ist ein Improvisieren und das Erfinden von Geschichten über den Bildschirm möglich. Aber es ersetzt das Spielen miteinander in keiner Weise.
Natürlich hoffen wir alle, dass die Kulturbranche bald endlich wieder aufatmen kann. Wie sieht das „Theater der Zukunft“ deiner Meinung nach aus?
Schon jetzt überlegen sich Theaterleute neue Formate. Und ich bin davon überzeugt, dass diese Form des Theatererlebens bleibt. Als da wären die Treffen zwischen Spieler*in und einem Zuschauenden, interaktive Online-Theaterbegegnungen und Theater im öffentlichen Raum. Es wird weitere theatrale Formen geben, die Laien und Profis zusammenführen. Mit dem Erleben der Pandemie werden neue Fragen aufgeworfen: Wie wollen wir das Zusammenleben gestalten? Wie lassen wir die Angst vor Ansteckung, vor Kontakt hinter uns? Was braucht der Mensch zum Leben? Brauchen wir die Kultur?
Ich sage ja, wir brauchen Kultur!
Und auf welches Kursprogramm dürfen wir uns nach dem Lockdown freuen? Was erwartet Interessentinnen und Interessenten der Theaterschule Nettersheim?
Alle können spielen. Somit biete ich allen Altersstufen an, Schauspiel zu lernen. Entweder wir schauen uns zunächst die Grundlagen an oder wir überlegen uns ein Projekt, an dem wir gemeinsam arbeiten. Im Improvisationstheater sage ich: Alles kann, nichts muss. Zwei Stunden spielen wir drauf los.
Der Einzelunterricht ist individuell auf die Wünsche der Teilnehmenden abgestimmt. Langfristig werde ich einen Kurs für Alt und Jung anbieten. Außerdem sind Workshops, z.B. an Wochenenden, zu verschiedenen Themen geplant. Hiermit möchte ich auch theaterbegeisterte Menschen von außerhalb ansprechen. Die literarischen Wanderungen, die im letzten Jahr großen Zuspruch fanden, werden Ulrike Kreuer und ich fortsetzen.
Eine letzte Frage: Welchen Rat kannst du Nachwuchsdarsteller/innen geben, die eine Karriere auf der Bühne anstreben?
Lerne Dich kennen! Was interessiert Dich? Was treibt Dich an? Warum möchtest Du auf die Bühne, vor die Kamera? Viel Freude beim Erkunden.
Vielen Dank für das Gespräch.